Routenplanung einer Atlantiküberquerung

Der Weg über den großen Teich
Es ist früher Morgen im Hafen von Las Palmas. Die Sonne steigt langsam hinter den Häusern auf, die Segel knistern im Wind, und die Boote um dich herum sind voller Aufbruchsstimmung. Bald heißt es Leinen los – vor dir liegen rund 3.000 Seemeilen offener Atlantik. Doch bevor du dich in das Abenteuer stürzt, steht die wichtigste Frage im Raum: Welche Route wählst du für deine Atlantiküberquerung?
🌐 Die klassische Barfußroute – Von Europa in die Karibik
Die meisten Segler, die den Atlantik von Ost nach West queren, entscheiden sich für die sogenannte Barfußroute. Sie beginnt meist auf den Kanarischen Inseln – besonders beliebt ist Las Palmas de Gran Canaria als Startpunkt. Von hier aus führt der Weg zunächst Richtung Südwesten zu den Kapverden und dann weiter in die Karibik, oft nach Martinique, Guadeloupe oder St. Lucia.
Diese Route hat einen entscheidenden Vorteil: Die Passatwinde. Zwischen November und Januar wehen sie stabil aus Nordost und tragen dich fast wie auf Schienen in Richtung Karibik. So segelst du größtenteils vor dem Wind – bequem und vergleichsweise sicher.
🗓️ Timing ist alles – Wann ist die beste Zeit für die Überquerung?
Die Wahl des richtigen Zeitfensters ist entscheidend. Die meisten Atlantiksegler starten zwischen November und Januar, nachdem die Hurrikansaison vorbei ist und sich die Passatwinde stabilisiert haben.
- Zu früh im Jahr: Risiko von tropischen Stürmen und unbeständigem Wetter.
- Zu spät im Jahr: Gefahr von Kaltfronten und starkem Wind aus Nordosten.
Ein guter Wetter-Check vor dem Ablegen ist Pflicht. Moderne Satellitendienste, Wetter-Apps oder der klassische SSB-Wettempfang sind unverzichtbare Hilfsmittel, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können.
🌬️ Wetter, Strömungen und Strategie
- Wetter: Das Wetter bestimmt nicht nur den Startzeitpunkt, sondern auch den Kurs. Die Passatwinde sorgen für beständige Bedingungen, doch gelegentliche Tiefdruckgebiete oder Flauten können Anpassungen nötig machen.
- Strömungen: Die Kanarenstrom und später die Äquatorialströmung wirken unterstützend. Wer sich geschickt positioniert, kann so zusätzliche Geschwindigkeit gewinnen.
- Strategie: Die klassische Strategie lautet: Zunächst Richtung Süden zu den Kapverden, dann mit dem Passatwind nach Westen in die Karibik.
⚠️ Sicherheits- und Notfallplanung
Eine Atlantiküberquerung bedeutet, wochenlang weit entfernt von jeder Hilfe zu sein. Sicherheitsplanung ist daher genauso wichtig wie die eigentliche Routenplanung.
- Notfallhäfen einplanen: Auf der Strecke bieten die Kapverden die letzte Möglichkeit für Reparaturen oder Proviant.
- Kommunikation sicherstellen: Satellitentelefon, AIS und UKW-Funk müssen zuverlässig funktionieren.
- Rettungsausrüstung checken: EPIRB, Rettungsinsel, automatische Rettungswesten und Notproviant gehören an Bord.
- Backup-Strategien: Papierseekarten, Hand-GPS und Ersatzteile sind Pflicht für den Fall eines Elektronikausfalls.
- SAR: Informiere dich über die zuständigen Such- und Rettungsstellen und deren Erreichbarkeit.
Checkliste für deine Routenplanung
- Startpunkt festlegen: Kanaren oder alternativ Kapverden
- Beste Saison wählen: November bis Januar
- Wetterberichte einholen: Vor und während der Überfahrt
- Strömungen nutzen: Kanarenstrom und Passatströmung einkalkulieren
- Sicherheitsstopp: Kapverden einplanen als letzte Versorgungsmöglichkeit
- Notfallrouten: Häfen und Ausweichmöglichkeiten kennen
Fazit
Eine gute Routenplanung für die Atlantiküberquerung beginnt mit der Wahl der klassischen Barfußroute und dem optimalen Startzeitpunkt zwischen November und Januar. Passatwinde und Strömungen geben den Kurs vor. Wetterveränderungen sind jederzeit möglich. Zur Routenplanung gehört auch eine umfassende Sicherheits- und Notfallplanung.
In dem Buch "Atlantiküberquerung" erzähle ich nicht nur die Geschichte unserer eigenen Überfahrt, sondern gehe auch ausführlich darauf ein, wie wir unsere Route geplant haben, welche Fehler wir gemacht haben und welche Entscheidungen sich am Ende ausgezahlt haben.
von Alexander Hesse am 21. April 2025