Verpflegung während einer Atlantiküberquerung

🍲 Verpflegung an Bord – Zwischen Genuss, Planung und Improvisation
Die Sonne steigt über den Atlantik, der Himmel färbt sich in leuchtendes Orange, und während die Segel im Passatwind knattern, breitet sich der Duft von frisch gebrühtem Kaffee über Deck aus. Momente wie diese machen eine Atlantiküberquerung unvergesslich – und sie erinnern uns daran, wie wichtig die richtige Verpflegung an Bord ist.
Denn eine Atlantikpassage ist nicht nur seglerisch eine Herausforderung, sondern auch kulinarisch. Über Wochen hinweg trägt das, was im Bauch des Schiffes verstaut ist, entscheidend zur Stimmung und zum Durchhaltevermögen der Crew bei. Hunger, eintöniges Essen oder gar leere Wasserkanister können schnell zur Belastung werden – das durften auch wir während unserer Reise erfahren.
🥘 Verpflegung Atlantiküberquerung: mehr als nur Essen
Die Verantwortung für die Verpflegung lag bei Roland, unserem leidenschaftlichen Hobbykoch. Er plante drei Mahlzeiten am Tag: Frühstück, mittags Snacks und abends ein warmes Gericht. Dazu waren im Vorfeld Kalkulationen für den Lebensmittelbedarf, Trinkwasser und Gas sowie das Erstellen einer detaillierten Einkaufsliste erforderlich.
Auf dem Atlantik ist jede falsche Kalkulation der Lebensmittel oder des Trinkwassers ein Risiko. Wer eine Atlantiküberquerung plant, sollte wissen: Verpflegung ist Sicherheit, Motivation – und Überlebensgarantie.
🍊 Frisches Obst und Gemüse an Bord – ein Luxusgut
Frisches Obst und Gemüse sind auf langen Törns Gold wert. Sie liefern Vitamine und Abwechslung. Doch die Realität an Bord belehrte uns schnell: Die hohe Luftfeuchtigkeit ließ Obst und Gemüse rasch verderben, Ethylen beschleunigte den Reifeprozess. Nach nur zwei Wochen waren die Frischeprodukte (Obst und Gemüse) aufgebraucht oder verdorben – viel schneller, als geplant.
Tipp:
- Haltbare Frischeprodukte wählen (Äpfel, Kohl, Zitrusfrüchte)
- Frischeprodukte in unterschiedlichen Reifegraden kaufen
- Lagerung in Netzen, damit Luft zirkulieren kann
- Regelmäßig sortieren – eine faule Frucht steckt schnell die anderen an.
💧 Trinkwasser auf der Atlantiküberquerung – die wichtigste Ressource
Nichts ist wichtiger als Trinkwasser. Wir kalkulierten mit 2 Litern pro Person und Tag und führten es in separaten Kanistern mit. Eine richtige Entscheidung: Der bordeigene Wassertank war undicht. Zudem ist das Wasser in den Wassertanks aufgrund von Verunreinigungen nicht für das Trinken geeignet. Um Wasser zu sparen, nutzten wir Seewasser zum Spülen und Kochen – ein Salzwasserhahn in der Pantry wurde zum unverzichtbaren Helfer.
Tipp: Plane stets eine Notreserve ein. Flauten, Defekte oder Umwege können die Überfahrt verlängern. Ein Engpass bei Wasser ist nicht nur unangenehm, sondern lebensbedrohlich.
🎣 Fischfang als kulinarische Abwechslung
Die Angelausrüstung war mehr als ein Gimmick – sie brachte Abwechslung auf den Tisch. Gefangene Fische machten Mahlzeiten vielfältiger und hoben die Stimmung an Bord.
Allerdings rissen uns einige der größeren Thunfische wieder von der Leine, und im Laufe der Reise gingen uns die Köder aus. Die Fische wehrten sich heftig, schlugen um sich und sprangen wild umher. Die glitschige Schutzschicht machte es nahezu unmöglich, diese zu packen und festzuhalten. Handschuhe mit Grip-Beschichtung sind hier von Vorteil.
Tipp:
- Ausreichend Ersatzköder mitnehmen
- Wasserfeste Handschuhe mit Grip-Beschichtung oder Fischereihandschuhe
- Eine Schleppangel für die Befestigung an der Reling
🗑️ Abfallmanagement an Bord
Verpackungen wurden schon an Land entfernt – das sparte Gewicht und wertvollen Stauraum. Bioabfälle wurden außerhalb der 12-Seemeilen-Zone über Bord entsorgt. Kunststoffe wurden gesammelt und klein geschnitten, um Platz zu sparen. Kunststoffe, Metall, Papier und Glas wanderten in separate Säcke und wurden im nächsten Hafen entsorgt.
Disziplin und Ordnung im Umgang mit Abfällen war notwendig, um den begrenzten Stauraum sinnvoll zu nutzen.
👨🍳 Kochen auf dem Atlantik – gemeinsames Teamwork
Unser Koch hatte die höchste Arbeitslast, weshalb ihm eine Küchenhilfe beiseite gestellt wurde. Zudem wurde er bei der Zubereitung der Gerichte sowie beim Aufräumen der Küche und Abwasch von allen unterstützt. Gemeinsames Schälen und Schneiden machte das Essen zur Teamaufgabe und sorgte für Gesprächsstoff. Essen verbindet – gerade auf See, wo jeder Tag Routine und doch ein Abenteuer ist.
Dabei gilt: Der Koch muss seefest sein – besonders in den ersten Tagen, wenn viele Crewmitglieder seekrank sind und Arbeiten unter Deck kaum ertragen können.
✅ Checkliste: Verpflegung Atlantiküberquerung
- Lebensmittel: haltbare Grundnahrungsmittel (Reis, Nudeln, Linsen, Konserven)
- Keine Glasbehälter: Bruch- und Verletzungsgefahr; stattdessen auf Kunststoff- oder Dosenverpackungen setzen
- Brot backen: Backmischungen sind haltbar und praktisch. Frisch gebackenes Brot hebt die Stimmung an Bord.
- Eier in stoßsicheren Paletten transportieren
- Einfache Rezepte: Gerichte sollten schnell zuzubereiten sein; Zutaten müssen vielseitig kombinierbar sein.
- Von exotischen Speisen mit langer Zubereitungszeit sollte man absehen
- Vorgekochte Gerichte: an Land vorbereiten, portionsweise einschweißen
- Obst/Gemüse: für die ersten zwei Wochen einplanen
- Vitamintabletten: zur Ergänzung von Vitaminen, wenn frisches Obst/Gemüse ausgeht
- Angelausrüstung: Köder, Angel, Handschuhe, Schleppvorrichtung
- Kühlmöglichkeit: an Bord ist meist nur ein Kühlfach vorhanden; es gibt kein Tiefkühlfach
- Kochmöglichkeiten: es stehen nur zwei Kochfelder und ein Backofen mit reiner Unterhitze zur Verfügung.
- Koch: Der Koch sollte unbedingt seefest sein; zur Unterstützung sollte eine Küchenhilfe eingeplant werden
- Wasser: mindestens 2 Liter pro Person und Tag + Reserve
- Gas: ca. 1 Kartusche für 2 Wochen bei 6 Personen
- Abfall: Säcke für Kunststoff, Glas, Papier, Dosen; Verpackungen bereits an Land ensorgen
🌊 Fazit
Eine Atlantiküberquerung lebt nicht nur von Wind und Wellen, sondern auch von dem, was auf den Teller kommt. Gute Verpflegung stärkt Körper und Seele, sorgt für Abwechslung und wird zu einem verbindenden Ritual an Bord.
Mehr Erfahrungen, Tipps und Fehleranalysen findest du in meinem Buch "Atlantiküberquerung". Vielleicht sitzt du schon bald mit einer heißen Tasse Kaffee im Morgengrauen mitten auf dem Atlantik – und genießt den magischen Moment.
von Alexander Hesse am 13. September 2025