Welche Yacht für eine Atlantiküberquerung?

Welche Yacht ist die richtige?
Die Sonne geht langsam über dem Hafen von Las Palmas auf. Im Morgenlicht glitzern die Masten unzähliger Yachten, die alle eines gemeinsam haben: In wenigen Tagen werden sie den Atlantik queren, Kurs Karibik. Manche Schiffe sind glänzende Hochleistungsracer, andere betagte Fahrtenyachten mit Narben aus vielen Seemeilen. Spätestens hier stellt sich die Frage: Welche Yacht ist die richtige für eine Atlantiküberquerung?
⚓ Rumpf und Stabilität
- Bauweise: Die wichtigste Voraussetzung ist die CE-Kategorie A, die für Hochseezertifizierung steht.
- Robuster Rumpf: GFK ist der Standard, Aluminium oder Stahl bieten zusätzliche Widerstandsfähigkeit. Wichtig: Der Rumpf sollte selbstaufrichtend konstruiert sein.
- Ballastkiel: Hohe Krängungsstabilität ist essenziell, damit das Schiff auch bei schwerem Wetter sicher segelt.
- Schutz an Deck: Ein festes Hardtop oder ein stabiles Sprayhood schützt Crew und Cockpit vor Wind und Wellen.
⛵ Segel und Rigg
- Segelzustand: Segel dürfen nicht alt, vergilbt oder bauchig sein; idealerweise nicht älter als fünf Jahre.
- Rigg: Das stehende Gut (Mast, Wanten, Stagen) sollte nicht älter als zehn Jahre sein.
- Bedienung vom Cockpit: Großsegel und Vorsegel sollten vom Cockpit aus bedienbar sein, um nächtliche oder stürmische Deckmanöver zu vermeiden.
- Zweites Vorsegel: Für die Passatbesegelung ist ein zweites Vorsegel sehr empfehlenswert.
- Leichtwindsegel: Spinnaker oder Gennaker lohnen sich nur, wenn die Crew geübt im Umgang damit ist.
⚙️ Technik & Energieversorgung
- Autopilot: Einer der wichtigsten Helfer an Bord – er steuert tagelang und entlastet die Crew enorm.
- Windsteueranlage: Empfehlenswert, da sie keinen Strom benötigt und zuverlässig bei langen Schlägen arbeitet.
- Energiequellen: Eine Kombination aus Solarpaneelen, Windgenerator und Lichtmaschine ist ideal, um alle elektrischen Verbraucher dauerhaft zu versorgen.
📡 Navigation & Kommunikation
- Navigation: Ein GPS-Kartenplotter mit aktuellen digitalen Seekarten ist Pflicht.
- AIS-System: Sender und Empfänger sind unverzichtbar, um andere Schiffe frühzeitig zu sehen und selbst gesehen zu werden. Der Kartenplotter muss mit dem AIS-System verbunden sein.
- Funk und Kommunikation: Ein UKW-Funkgerät mit DSC-Funktion gehört zur Grundausstattung. Für den Ozean ist ein Satellitentelefon (Iridium, INMARSAT oder Starlink) notwendig, um Wetterdaten abzurufen oder Notrufe abzusetzen.
🚨 Sicherheitsausstattung
- EPIRB: Eine zertifizierte Notfunkbake gehört zur Pflichtausstattung, die im Seenotfall automatisch ein Signal an Rettungsdienste sendet.
- Rettungsinsel: Muss für die Crewgröße ausgelegt und regelmäßig gewartet sein.
- Automatische Rettungsweste: Jede Weste muss mit Lifebelt, Notlicht und integriertem AIS-Rettungssender ausgestattet sein.
- Strecktaue an Deck: Damit sich die Crew jederzeit einpicken kann.
- Weitere Sicherheitspunkte: Feuerlöscher, manuelle Bilgepumpe, Signalhorn und gut ausgestattete Erste-Hilfe-Box.
🍲 Vorräte und Versorgung
- Wassertanks: Müssen groß genug sein, um mehrere Wochen autark zu sein. Trinkwasser sollte zusätzlich in separaten Kanistern mitgeführt werden, da Tanks oft bakteriell belastet sind. Ein Wassermacher ist praktisch, muss aber regelmäßig betrieben werden.
- Stauraum: Ausreichend Platz für Proviant und persönliche Ausrüstung der Crew ist entscheiden
- Kühlung: Mindestens ein Kühlfach ist notwendig, ein zweiter Kühlschrank ist optimal.
- Sanitäre Ausstattung: Zwei Nasszellen mit Bord-WC sind für längere Passagen komfortabler und stressfreier
🛠️ Bordwerkzeug und Ersatzteile
- Die salzhaltige Luft sorgt dafür, dass Werkzeug und Metallteile schnell korrodieren. Ein Blick in das Bordwerkzeug vor der Abreise ist Pflicht: Fehlen wichtige Schlüssel, sind die Schrauben verrostet, sind genügend Ersatzteile an Bord? Gerade auf einer Atlantiküberquerung kann ein loses Scharnier oder eine defekte Pumpe zur echten Herausforderung werden.
Checkliste: Worauf du bei der Yachtwahl achten solltest
- Yacht der CE-Kategorie A: hochseetauglich
- Robuster, selbstaufrichtender Rumpf aus GFK, Aluminium oder Stahl
- Ballastkiel für hohe Krängungsstabilität
- Hardtop oder stabiles Sprayhood zum Schutz vor Wind und Wellen
- Segel nicht älter als zehn Jahre, bei intensiver Nutzung (Langfahrt, tropische Sonne) schon nach 7 Jahren.
- Rigg nicht älter als zehn Jahre
- Groß- und Vorsegel aus dem Cockpit bedienbar
- Zweites Vorsegel für Passatbesegelung
- Autopilot und/oder Windsteueranlage
- Energieversorgung durch Solar, Wind und Lichtmaschine
- GPS-Kartenplotter + AIS-Sender/Empfänger
- UKW-Funk mit DSC + Satellitentelefon
- Rettungsinsel, EPIRB, automatische Schwimmwesten mit AIS
- Ausreichend Wasser- und Proviantkapazität, Stauraum für separate Trinkwasserkanister
- Werkzeug und Ersatzteile für Reparaturen an Bord
Fazit
Für eine Atlantiküberquerung ist eine robuste Yacht (CE-Kategorie A) mit stabilem Rumpf und Ballastkiel entscheidend. Segel und Rigg müssen in gutem Zustand sein, idealerweise vom Cockpit aus bedienbar und für Passatwinde geeignet. Ebenso wichtig sind eine zuverlässige Energieversorgung, moderne Navigationstechnik mit AIS sowie umfassende Sicherheitsausstattung inklusive Rettungsinsel und Rettungswesten. Genügend Stauraum, Trinkwasser und Reparaturmöglichkeiten machen das Schiff schließlich zum sicheren Zuhause auf hoher See.
In dem Buch "Atlantiküberquerung" erzähle ich, warum die Wahl auf eine 40-Fuß-Segelyacht fiel – und weshalb sich diese Entscheidung als Licht und Schatten zugleich erwies. Diese Erfahrung hat uns gelehrt: Nicht jede hochseetaugliche Yacht ist automatisch die beste Wahl für einen Atlantiktörn.
von Alexander Hesse am 23. März 2025